Auf ein Stück Geburtstagskuchen mit Prof. Dr. Christoph Selter
PIKO lebe hoch! Das DZLM Projekt PIKAS (Prozessbezogene und Inhaltsbezogene Kompetenzen durch die Anregung fachbezogener Schulentwicklung) feiert zehnjähriges Jubiläum.
Prof. Dr. Christoph Selter von der TU Dortmund erzählt von den vergangenen zehn Jahren PIKAS und gibt einen Ausblick, wie es weitergeht.
PIKAS ist nun zehn Jahre alt – erstmal natürlich herzlichen Glückwunsch! Das ist wirklich eine beachtliche Projektlaufzeit! Ist anlässlich des Jubiläums eine Feier geplant?
Ja, wir wollen in der Tat eine kleine Feier veranstalten. Das aktuelle Team wird gemeinsam mit den Ehemaligen im feierlichen Rahmen die zehn Jahre PIKAS Revue passieren lassen. Und natürlich wollen wir auch über neuere Entwicklungen im Projekt informieren. Die Feier wird also eher gediegen, in einem gemütlichen Rahmen ablaufen, schließlich müssen wir alle am nächsten Tag arbeiten.
Lassen Sie uns nun erstmal den Blick zurückwenden. Können Sie uns kurz erzählen, wie das Projekt PIKAS entstand? Wer war an der Gründung beteiligt?
Im Jahr 2008 wurde in Nordrhein-Westfalen ein neuer Mathematiklehrplan eingeführt. Wir, d. h. Prof. Dr. Bonsen von der Universität Münster und ich, wollten in diesem Zuge bei der Unterrichtsentwicklung ansetzen. Dabei war es uns sehr wichtig, systemisch an die Sache ranzugehen und die Leute, die Unterrichtentwicklung betreiben, ganz konkret zu unterstützen. Man kann es als glückliche Fügung bezeichnen, dass die Deutsche Telekom Stiftung, das Schulministerium in NRW sowie die Unis (TU Dortmund und Universität Münster) sich ebenfalls in diesem Bereich engagieren wollten. Nach vielen bi- und multilateralen Gesprächen zwischen den Projektpartnern und den Förderern ging das Projekt PIKAS dann im Februar 2009 an den Start, ein halbes Jahr also nach der Einführung des neuen Lehrplans.
Und wer kam auf die Idee mit dem Maskottchen PIKO?
Die Idee mit PIKO ist in der Gruppe entstanden. Als Projekt, das im Primarbereich angesiedelt ist, waren wir uns einig, dass es eine gute Idee ist, mit einem Maskottchen zu arbeiten. Wir haben ja auch in unserem Projekt KIRA (Kinder Rechnen Anders) ein weibliches Maskottchen, das KIRA heißt. Entworfen wurde PIKO dann letztendlich von einer Mitarbeiterin.
Inzwischen ist das Projekt ja sehr groß und umfassend. Gerade bei so großen Projekten ist es ja manchmal nicht ganz leicht zu entscheiden, mit was man wo anfängt. Womit haben Sie angefangen? Und wie ging es dann weiter?
Also zu Beginn hat sich das Team erstmal zwei Tage eingeschlossen, und wir haben gemeinsam erarbeitet, was die zentralen Themenbereiche sind, in denen wir Unterstützungsangebote anbieten wollen. Es gab und gibt ja auch schon viele sehr gute andere Unterstützungsangebote auf dem Markt. Daher war es uns sehr wichtig, im ersten Schritt genau auszuloten, zu welchen Themenschwerpunkten es derzeit den größten Bedarf an Unterstützung gibt. So kamen wir auf die zehn Schwerpunktthemen, die wir mit den zehn PIKAS Häusern veranschaulichen. Wir setzten uns dann das Ziel, nach den ersten drei Jahren alle Häuser (und somit alle Themenbereiche) mit Material bestückt zu haben. Nach weiteren drei Jahren wollten wir dann zu jedem Thema in den drei Dimensionen jedes Hauses (Fortbildungsmaterial, Unterrichtsmaterial, Informationsmaterial) Material anbieten können. Seitdem liegt unser Fokus auf Implementation. In NRW arbeiten wir inzwischen mit 47 der insgesamt 53 Schulämter zusammen bzw. haben in der Vergangenheit mit ihnen zusammengearbeitet. Wir beschränken uns jedoch nicht auf NRW. Wir kooperieren derzeit mit 15 der 16 Bundesländer oder haben mit ihnen kooperiert. Mit Kooperationen meine ich, dass wir beispielsweise Multiplikator*innen in den Ländern ausbilden. Wir arbeiten aber auch mit Projekten in anderen Bundesländern ganz konkret zusammen, zum Beispiel mit dem SINUS Projekt in Thüringen oder im Saarland.
In den 10 Jahren PIKAS ist ja einiges passiert. Es gibt inzwischen eine Selbstlernplattform, ein Buch, PIKAS ist in andere Bundesländer expandiert. Wieso glauben Sie, ist PIKAS so erfolgreich?
Ich glaube, das hat drei zentrale Gründe. Als erstes würde ich den Adressatenbezug nennen. Das bedeutet, wir versuchen beispielsweise die Theorie immer so aufzubereiten, dass man sie direkt umsetzen kann. So sind alle unsere Materialien direkt einsetzbar. Die/Der Lehrer*in muss also nicht erst selbst testen, ob und wie sie*er Materialien in der eigenen Arbeit nutzen kann. Den zweiten Grund würde ich unter dem Stichwort systemische Komponente zusammenfassen. In unserer Arbeit nehmen wir immer auch das System wahr und haben es im Blick. Wir erstellen daher Material immer für alle involvierten Zielgruppen auf den unterschiedlichen Ebenen. Von Material für Schulleiter*innen bis zum Elternbrief ist da alles dabei. Als dritten Grund würde ich auf jeden Fall noch das PIKAS Team nennen. Wir können uns wirklich sehr glücklich schätzen, so ein tolles und engagiertes Team an Mitarbeiter*innen beisammen (gehabt) zu haben, die immer mit unglaublich viel Elan bei der Sache sind.
Dann richten wir den Blick Richtung Schulpraxis. Welche Rückmeldungen erhalten Sie von den Lehrer*innen und Multiplikator*innen? Finden die Materialien Eingang in den Unterricht und zu den Schüler*innen?
Es erreichen uns jedenfalls immer viele positive Kommentare, in denen sich Lehrer*innen bei uns bedanken, dass wir dieses tolle Material erstellt haben und dann auch noch kostenlos zur Verfügung stellen. Wir freuen uns natürlich über jeden einzelnen Kommentar, das bestätigt uns in unserer Arbeit. Im Übrigen wird unsere PIKAS Homepage sehr rege genutzt. Die Seite wird täglich von ca. 2300 Nutzer*innen besucht. Die Nutzer*innen kommen primär aus Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland, hin und wieder erhalten wir auch eine Anfrage von einer deutschen Schule im Ausland. Wir freuen uns sehr, dass die Seite so gut angenommen wird. Das zeigt, das wir auf dem richtigen Weg sind.
Vielleicht noch ein kurzer Ausblick in die Zukunft: Was sind die nächsten Schritte im PIKAS Projekt?
Wir planen für das nächste Schuljahr zwei neue Websites: PIKAS digi und PIKAS kompakt. Im Projekt PIKAS digi wird Material für den Einsatz von digitalen Medien im Mathematikunterricht in der Primarstufe erstellt. Im Projekt PIKAS kompakt werden wir Materialien für Lehrer*innen auf der Unterrichtsebene erstellen. Zu Themen wie Operationsverständnis oder schriftliches Rechnen werden wir das Unterrichtsmaterial hinsichtlich vier zentraler Handlungsfelder erstellen: Vermeidung von Rechenschwierigkeiten, fachbezogene Sprachförderung, unterrichtsintegrierte Förderung von Leistungsstarken und die durchgängige Förderung von prozessbezogenen Kompetenzen.
Und noch eine letzte Frage: Wird das Maskottchen PIKO ein Geschwisterchen bekommen?
Also, ein Geschwisterchen ist derzeit nicht geplant. PIKO ist aber mit KIRA aus dem Projekt KIRA verheiratet. Aber die beiden sind ja erst 10 Jahre alt. Von daher wird man wohl auch auf Nachwuchs noch eine Weile warten müssen.
Dann weiterhin alles Gute, besonders auch für den Start von PIKAS digi und PIKAS kompakt. Und herzlichen Dank, Prof. Dr. Selter, für das Gespräch.